Nun ist der Umgang mit Prognosen nicht einfach und bereitet an vielen Stellen Probleme. An dieser Stelle möchte ich auf die im Kapitel drei beschriebenen Prämissen für Prognosen zurückkommen. Denn die Probleme bei Prognosen zeigen deutlich: die Grundannahmen über die Welt und die Zukunft sind nicht immer richtig! Ein paar der Probleme möchte im folgenden Abschnitt näher betrachten.
„Voraussagen sollen immer verschiedene Funktionen erfüllen. Voraussagen sind nie neutral oder passiv. Sie entspringen Absichten, Wünschen, Befürchtungen oder Hoffnungen. Sie sollen beruhigen oder ermutigen, sie regen zum Handeln oder zur Passivität an“ [JISCHA, M.F. 2009: 38]. Eine Problematik der Prognose ist, dass sie das Verhalten des Prognostikers selbst verändern kann. Die „Objekte“ der Voraussage sind selbst Akteure. Sie sind also Subjekte und haben eine eigene Unabhängigkeit gegenüber der Prognose. Sie müssen als individuelles System gesehen werden, mit einem „freien Willen“. Und dieser lässt sich nur begrenzt vorhersagen [vgl. FLECHTHEIM, O. 1987: 65f].
Daneben kommt es immer wieder zu Regelbrüchen und Irregularität, diese werden in der Zukunftsforschung auch als „Wildcards“ beschrieben. Zwar lassen sich Ereignissen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit belegen, trotz allem bleibt der Zufall unberechenbar. Prognosen sind also immer im Spannungsfeld zwischen Unvorhergesehenem und Unvorhersehbarem.
Ein weiteres Problem ist die Komplexität der zu prognostizierenden Ereignisse. Selbst wenn von Ursache- Wirkungszusammenhängen ausgegangen wird, sind diese miteinander verwoben und wiederum abhängig von anderen Wirkungen und Ursachen. Komplexität kann in verschiedenen Dimensionen beschrieben werden. In der Zukunftsforschung verweben sich zum einen Komplexität in der zeitlichen Dimension, als auch in der quantitativen und qualitativen Dimension [BURMESTER, R. und VAHS, D. 2005:53]. Die zeitliche Dimension ist durch eine hohe Dynamik gekennzeichnet, die quantitative und qualitative Dimension ist durch Verwebung und eine Vielzahl von relevanten Faktoren gekennzeichnet. Ein solches System ganz zu durchdringen und alle Möglichkeiten zu überschauen, ist nicht möglich.
Zudem sind Menschen in einer Art „Zeitgefängnis“ gefangen [vgl. FLECHTHEIM, O 1987: 64]. Das bedeutet, Menschen sind in Denkstrukturen „gefangen“ und können sich schlecht davon lösen. „ Values, institutions, and regulations are seen through today`s lenses. (…) our perception of „problems“ is anchored in today`s values and institutional settings. We “see” them in terms of present (or recent) categories, organizations and cultures” [LINSTONE, H. 1977: 29]. Das Undenkbare denken ist hierbei eine Herausforderung, die nicht einfach einlösbar ist. Denn die Denkstrukturen sind die Folge von bisherigen Erfahrungen und Sozialisation. Eine völlige Ablösung fällt deshalb schwer. Dabei sind technische Innovationen oftmals leichter zu denken als soziale Umwälzungen. Hierbei ist oft Kunst der Ausweg [ALTNER, G. 2009:85].
Auch im Ergebnis sind Prognosen schwer zu greifen. Die Frage: wann ist eine Prognose eingetreten? Ist oftmals schwer zu beantworten. Reine Zahlenwerte sind recht einfach zu beurteilen, jedoch sind Qualitätsaussagen schon schwieriger.
Quellen: Altner, G. (2009): „Kunst und Kultur von Nachhaltigkeit und Zukunftsforschung“, in Popp, R. und Schüll, E. (Hrsg.) (2009): „Zukunftsforschung und Zukunftsgestaltung – Beiträge aus Wissenschaft und Praxis“, Wissenschaftliche Schriftenreihe „Zukunft und Forschung des Zentrums für Zukunftsstudien in Salzburg, Band 1, Springer Verlag, Berlin und Armstrong, J. (2001): “Extrapolation for time-series and cross-sectional data” in Armstrong, J. (2001): „Principles of Forecasting- A Handbook for Researchers and Practitioners“, Kluwer Academic Publishers, Norwell und Burmester, R. und Vahs, D. (2005): „Innovationsmanagement – von der Produktidee zur erfolgreichen Vermarktung“, 3. Auflage, Verlag Schäffer und Poeschel, Stuttgart und Flechtheim, O. (1980): „Der Kampf um die Zukunft- Grundlagen der Futurologie“, Verlag J.H.W. Dietz Nachf., Bonn und Flechtheim, O. (1987): „Ist die Zukunft noch zu retten?“, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg und Jischa, M.F. (2009): „Gedanken zur Wahrnehmung von Zukunft“, in Popp, R. und Schüll, E. (Hrsg.) (2009): „Zukunftsforschung und Zukunftsgestaltung – Beiträge aus Wissenschaft und Praxis“, Wissenschaftliche Schriftenreihe „Zukunft und Forschung des Zentrums für Zukunftsstudien in Salzburg, Band 1, Springer Verlag, Berlin
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen