Montag, 8. August 2011

Was ist eine gute Prognose?

Aus den genannten Problemen und Fehlerquellen bei Prognosen stellt sich nun die Frage: „Was ist denn eine gute Prognose?“. Diese Anforderungen sind die Nichttrivialität, die Unabhängigkeit vom Zufall und persönlichen Entscheidungen, die Objektivität, die Validität, der Zeithorizont und die Überlegenheit gegenüber der naiven Prognose [vgl. ARMSTRONG, S. 2001: 215ff].

Weitmöglichste Unabhängigkeit von persönlichen Entscheidungen

Eine Prognose sollte Unabhängig sein, auch wenn eine vollständige Unabhängigkeit nur sehr schwer möglich ist. Doch so wird die Gefahr der Einflussnahme des Individuums minimiert und damit self- fullfilling- prophesis aber auch self- destroying- prophesies so gut wie möglich ausgeschlossen.

Objektivität

Objektivität beschreibt die Überprüfbarkeit der Methode. Dazu gehört auch die vollständige Angabe und Spezifikation der Rahmenbedingungen, von denen das Eintreffen des prognostizierten Ergebnisses abhängig gemacht wird.

Validität

Validität stellt die Frage nach dem Inhalt der Prognose: Wird tatsächlich das prognostiziert, was prognostiziert werden soll?

Zeithorizont

Ein weiterer Anspruch an eine Prognose ist das Vorhandensein eines Zeithorizontes. Die Aussage, das ein bestimmtes Ereignis „irgendwann“ einmal auftreten werde, ist demnach keine Prognose. Denn die Überprüfbarkeit und Falsifizierbarkeit ist auch dann nicht möglich [vgl. FLECHTHEIM, O. 1980: 121].

Überlegenheit gegenüber der naiven Prognose

Ein Prognoseverfahren sollte besser sein als die naive Prognose, da sich sonst der Mehraufwand gegenüber der naiven Prognose nicht gerechtfertigt ist. Also ist eine Anforderung an eine Prognose auch die Frage nach Aufwand und Nützlichkeit.

Nichttrivialität

Eine Prognose soll nicht trivial in Ihren Aussagen sein. Ihr Inhalt soll falsifizierbar sein. Folgendes Aussagenschema sollte zum Beispiel nicht vorkommen: „Morgen regnet es oder auch nicht.“ Denn beide Aussagen können gleichermaßen zutreffen und sind so nicht überprüfbar.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Prognosen in der Zukunftsforschung wissenschaftlichen Kriterien unterliegen. „Als wissenschaftlich bezeichnen wir eine Prognose nur dann, wenn sie bestimmte (…) Bedingungen anknüpft, die in der Sprache der betreffenden Wissenschaft beschreibbar sind. Sie wird mit Hilfe einer generellen Hypothese aus diesen abgeleitet (…)“ [FLECHTHEIM, O. 1980: 121]. Sie sollen eine theoretische Fundierung haben sollen. Sie sollen ableitbar sein aus einer Theorie und ihnen sollen überprüfbare Hypothesen zu Grunde liegen. Nur so können Sie auch falsifiziert werden. Sie sollen durch diese Kriterien transparent und plausibel nachvollziehbar sein. Die wichtigste Frage nach der Güte von Kriterien scheint mir auch die Frage zu sein, ob aus Prognosen Handlungsoptionen ableitbar sind. Wenn Prognosen der Zukunftsforschung dienen sollen, dürfen Prognosen kein Selbstzweck sein, sondern müssen einen Fokus auf Gestaltung der Zukunft in sich tragen.
Wann ist eine Prognose gut? Hier muss auch auf den Zweck von Prognosen in der Zukunftsforschung verwiesen werden. Wird die Zukunftsforschung als Handlungswissenschaft definiert und möchte sie ihren Anspruch der Zukunftsgestaltung einlösen, dann können Prognosen nur dazu dienen, den Handlungsspielraum von Akteuren vorzubereiten und zu sichern. Im Alltagsgebrauch werden Prognosen daran gemessen, ob sie zutreffen, oder nicht. Eintreffen wird so zum Prädikat „ex post“. Das ist aber nicht ausreichend. Da die Zukunftsforschung immer nur Aussagen über die zukünftigen Gegenwarten machen kann, ist die Gegenwart der zentrale Bezugspunkt, auch für Prognosen. Also kann das Gütekriterium nicht das bloße Eintreffen sein, sondern muss das Kriterium der Plausibilität und Wissenschaftlichkeit der Aussagen „ex ante“ sein.  „Die Wissenschaftlichkeit von Aussagen der Zukunftsforschung muss ex ante erwiesen werden – nur dann ist sie (…) zur Gewinnung von Orientierung einsetzbar“[GRUNWALD, A. 2009: 25ff].
Quellen: Grunwald, A. (2009): „Ist die Zukunftsforschung eine Wissenschaft?“, in Popp, R. und Schüll, E. (Hrsg.) (2009): „Zukunftsforschung und Zukunftsgestaltung – Beiträge aus Wissenschaft und Praxis“, Wissenschaftliche Schriftenreihe „Zukunft und Forschung des Zentrums für Zukunftsstudien in Salzburg, Band 1, Springer Verlag, Berlin und Flechtheim, O. (1980): „Der Kampf um die Zukunft- Grundlagen der Futurologie“, Verlag J.H.W. Dietz Nachf., Bonn und Armstrong, J. (2001a): “Standards and practices for forecasting” in Armstrong, J. (2001): „Principles of Forecasting- A Handbook for Researchers and Practitioners“, Kluwer Academic Publishers, Norwell

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