Freitag, 29. Juli 2011

Was sind häufige Einschränkungen und typische Fehler, die im Szenarioprozess auftauchen? Welches sind denkbare Lösungsansätze für diese Probleme?

Szenarien sind keine Prognosen über die Zukunft. Mit Szenarien können „Möglichkeitsbilder der Zukunft“[1] entworfen werden. Es wäre also falsch, das Szenario als Voraussage zu werten und alle Handlungsoptionen auf das Zutreffen eines bestimmten Szenarios zu setzen.
Mit der Methode können Entwicklungen antizipiert werden können, aber es ergeben sich immer auch „blinde Flecken“. Anhand der Auswahl von Schlüsselfaktoren wird eine Reduktion von Komplexität erreicht. Die Wirklichkeit bleibt aber nach wie vor hochkomplex und manche Entwicklungen sind dabei nicht vorhersehbar.
Auch stellen Szenarien eine Art Zukunftsbild dar. Und in diesen sind immer auch persönliche Wunsch- und Angstvorstellungen enthalten, eigene Vorurteile und Grundannahmen lassen sich nur schwer ausschalten und überwinden.
Diese Probleme sind nicht nur bei der Methode der Szenarien präsent sondern bei allen Methoden der Zukunftsforschung besteht die Gefahr der Verengung. Dem kann der Forscher entgegenwirken, indem an verschiedenen Stellen des Prozesses immer wieder auf eine Überprüfung der Prämissen, der eigenen Grundannahmen und Überzeugungen geachtet wird. Diese müssen explizit werden.
Daneben müssen alle Beteiligt des Prozesses sich auf ein Grundverständnis über Zukunft verständigen. Nur wenn diese Basis geschaffen ist, kann die Methode der Szenariokonstruktion ihre volle Wirkung entfalten und wertvolle Impulse zur Entwicklung von Strategien in verschiedenen Handlungsfeldern entfalten.


[1] Klein, G. (2009): „Zirkuläre, kooperative Entscheidungsvorhaben für mittelfristige Planungsvorhaben“, in Popp, R. und Schüll, E. (2009): „Zukunftsforschung und Zukunftsgestaltung – Beiträge aus Wissenschaft und Praxis“, Wissenschaftliche Schriftenreihe „Zukunft und Forschung des Zentrums für Zukunftsstudien Salzburg, Band 1, Springer Verlag, Berlin

Donnerstag, 28. Juli 2011

Szenario- Schritt 4: Ableitung von Strategieoptionen

Die Ableitung von Strategieoptionen erfolgt in drei Teilschritten: der Bestimmung des Strategieraums, der Strategiebewertung anhand eines Robustheitschecks und einer SWOT-Analyse. Bei der Bestimmung des Strategieraums werden die zentralen Handlungsfelder und die möglichen Optionen herausgefiltert. Wichtig ist hierbei immer, auf die Konsistenz der Szenarien und der Handlungsschritte zu achten. In den beiden darauffolgenden Schritten werden die abgeleiteten Strategien überprüft: auf ihre Robustheit anhand der Anlehnung an selbst gesteckte Ziele und Abgleichung mit den vorherrschenden Bedingungen. Daneben werden die Strategien mit den Stärken und Schwächen des Unternehmens abgeglichen. So soll versucht werden, die jeweils individuellen Strategien zu finden, die auf die Situation des Unternehmens „passen“. Chancen und Risiken sollen so erkannt werden. Aus den Handlungsfeldern werden nun die nächsten, konkreten Handlungsschritte definiert, um die durch das Szenario gewonnenen Erkenntnisse auch operationalisieren zu können. Es wird eine Umsetzungsstrategie festgelegt und diese mit Ressourcen und Zeitplänen geplant.
An den Schritt der Strategieoptionen kann sich weiterer optionaler Schritt anschließen, den der quantitativen Modellierung der Szenarien.

Mittwoch, 27. Juli 2011

Szenario- Schritt 3: Szenariokonstruktion

Die Szenariokonstruktion besteht aus den sechs Teilschritten Konsistenzanalyse, Entwurf von Rohszenarien und der Präzision der Zukunftsbilder, Analyse von Diskontinuitäten, Auswahl eines Referenzszenarios und dem abschließenden Schreiben und der Visualisierung der Ergebnisse.
Bei der Konsistenzanalyse werden die Ausprägungen auf ihre Passgenauigkeit und Logik überprüft. „Passen“ diese zueinander oder gibt es logische Brüche? Hierzu können software- gestützt Konsistenzwerte vergeben werden oder intuitiv Passungenauigkeiten aufgedeckt werden. Nun werden die einzelnen Projektionen gebündelt und dadurch Rohszenarien erdacht. Auch hierbei ist immer wieder zu prüfen, ob diese Bündel eine innere Konsistenz aufweisen, um die Szenarien nicht am Ende unrealistisch und damit unbrauchbar werden zu lassen. Hierbei gilt es, herauszuarbeiten, welchen Prämissen und Voraussetzungen die Szenarien haben und wo die grundlegenden Unterschiede liegen. Eine Schwierigkeit liegt in der Auswahl der Rohszenarien. Hier muss vor allem die interne und externe Homogenität, also die Plausibilität und Konsistenz auf der einen, und die größtmögliche Differenz auf der anderen Seite, bedacht werden. Zudem muss darauf geachtet werden, dass die Rohszenarien die eigentliche Ausgangsfragestellung abdeckt und viele der zuvor entwickelten Projektionen berücksichtigt.
Im nächsten Teilschritt werden diese Rohszenarien dann zu Zukunftsbildern präzisiert und fokussiert. Dies geschieht anhand von Leitfragen, die ein tieferes Verständnis der Szenarien fördern sollen. So sind mögliche Leitfragen die nach Prämissen, Akteuren, möglicher Ereignisse oder Faktoren, die das Szenario bestimmen.
Beim folgenden Schritt, der Analyse von Diskontinuitäten, wird die Robustheit des Szenarios überprüft. Hierbei werden unerwartete Ereignisse bewusst in das Szenario „hineingedacht“ und die fiktiven Veränderungen daraus analysiert.
Nun erfolgt eine Auswahl des Referenzszenarios. Die Kriterien hierbei sind die größtmögliche Plausibilität und Konsistenz der Schlüsselfaktoren. Doch hierbei können auch mehrere Szenarien ausgewählt werden, die dann ebenfalls in die weitere Planung von Strategie einfließen, sogenannte Disruptionsszenarien. Diese haben ihren besonderen Wert darin, dass auch weniger wahrscheinliche Abläufe mit berücksichtigt werden. Danach werden die Szenarien visualisiert und anhand verschiedener Techniken dargestellt.

Dienstag, 26. Juli 2011

Szenario- Schritt 2: Schlüsselfaktorenanalyse

Die Schlüsselfaktorenanalyse erfolgt ebenfalls in drei Teilschritten. Zunächst ist die Wechselwirkungsanalyse wichtiger Bestandteil. Die bereits beschriebenen Einflussfaktoren werden nun auf ihre gegenseitige Wirkung hin näher untersucht. Das Ziel ist es, die Einflussfaktoren einteilen zu können in „starke“ Faktoren, also solche, die andere Faktoren mitbeeinflussen. Und dann in „getriebene“ Faktoren, die in ihrer Wirkung passiv sind und damit eher von anderen Faktoren abhängig.
Im zweiten Schritt erfolgt dann eine Unsicherheitsanalyse. Es stellt sich hier die Frage, wie die weitere Entwicklung der Faktoren eingeschätzt wird. Wie entwickeln sich die Faktoren und wie stark ist diese Annahme unsicher? Auf der Grundlage dieser Schritte werden nun die Faktoren ausgewählt, die in den Szenarien berücksichtigt werden sollen und können. Hierbei ist zu bedenken, dass eine zu große Zahl die Szenarien zu komplex macht, um sie hinterher zusammenfassen zu können. Zu wenige bilden aber die Realität nur unzureichend ab und machen damit das Szenario unglaubwürdig.
Nun können die Faktoren in unsichere und sichere Faktoren unterteilt werden. Aus den unsicheren Faktoren werden im Verlauf des Prozesses dann die Szenarien erstellt. Denn diese können unterschiedliche Verläufe annehmen, sie sind variabel und damit noch „offen“. Diese bilden somit die Schlüsselfaktoren in den Szenarien.
Die sicheren Faktoren werden als Rahmenbedingungen in den Szenarioprozess aufgenommen. Die sind in ihrem Verlauf eher „fest“. Sie werden deshalb auch als „Givens“, als gegebene Faktoren bezeichnet. Diese Analyseschritte können softwaregestützt vollzogen werden. Im letzten Teilschritt werden nun die Schlüsselfaktoren in die Zukunft „projiziert“. Für jeden Faktor werden unterschiedliche Verläufe angenommen. Die Frage nach alternativen Ausprägungen und unterschiedlichen Entwicklungen sind die Kernfragen der Projektion. Diese Projektionen werden nun von den Teilnehmern oder Teilen des Szenarioteams fundiert und beschrieben. Die einzelnen Projektionen eines Schlüsselfaktors werden in einem morphologischen Kasten gesammelt und auf ihre Wirkung auf Plausibilität hin überprüft.

Montag, 25. Juli 2011

Szenario- Schritt 1: Umfeldanalyse

Die Umfeldanalyse besteht aus drei Teilschritten. Zum einen der Bestimmung des Szenariofeldes. Hier wird der Fokus auf den Kern der zu bearbeitenden Fragestellung gelenkt. Die Fragestellung wird näher umrissen und auf einen Zeitraum, einen Ort und einen bestimmten Inhalt gelegt.
Als zweiter Teilschritt folgt dann die Identifikation von Einflussfaktoren. Zunächst wird hierbei das globale Umfeld des Unternehmens untersucht, dann die Branche und zum Schluss das Unternehmen selbst. Zur besseren Strukturierung der Einflussfaktoren bietet sich eine STEEP-Analyse an. Dabei werden soziale, technische, ökonomische, ökologische und politische Faktoren unterschieden. Die Einflussfaktoren werden zugeordnet und in ihrer Wichtigkeit priorisiert. Dieser Schritt dient dazu, die wichtigsten Trend und Herausforderungen zu erkennen und abzubilden. Und zudem dazu, auch Akteure im eigenen Handlungsfeld und der Unternehmensumwelt zu erkennen.
Im dritten Schritt wird der Unternehmenskern untersucht. Das dient zur Schärfung des eigenen Profils und dazu, für die nächsten Schritte ein gleiches Verständnis bei allen Beteiligten zu schaffen. Wichtige Fragestellungen sind hierbei die zentralen Kundengruppe, deren Bedürfnisse und die eigenen Kernprodukte, Technologien oder Alleinstellungsmerkmalen.

Sonntag, 24. Juli 2011

Szenarioformen: explorativ, normativ und Strategie

Es können drei unterschiedliche Szenarioformen unterschieden werden. Zum einen normative Szenarien, Strategie- und Innovationsszenarien und explorative Szenarien. Alle Szenarien folgen einer ähnlichen Grundstruktur, haben jedoch verschiedene Kernfragen, die sich jeweils auszeichnen. So stellt ein normatives Szenario die Frage nach der „wünschbaren Zukunft“, und wie diese erreicht werden kann. Das Strategie- und Innovationsszenario hat verschiedene Optionen im Blick und stellt die Frage nach neuen Geschäftsfeldern und Entwicklungspotenzialen. Das explorative Szenario stellt die Frage nach „möglichen Zukünften“ und versucht, die Bedingungen und Wahrscheinlichkeiten herauszufiltern.